Anfang des 20. Jahrhunderts entstanden die ersten festen Regeln über das Tanzen. Allen voran in England wurden Schrittfolgen niedergeschrieben, nach denen sich Männlein und Weiblein im gesellschaftlichen Tanz zu richten hatten. Wenn man in der guten Gesellschaft eine Dame zum Tanz aufforderte, so war damit sichergestellt, das sowohl der Herr als auch die Dame die Schrittfolgen der einzelnen Tänze „kollisionsfrei“ beherrschte. Am Anfang waren dieses nur wenige Tänze die so standardisiert wurden. Damit waren die Standardtänze geboren. Man tanzte engl. Waltz, Wiener Walzer, langsamer und schneller Foxtrott usw. Da jeder Herr natürlich auch der beste Tänzer sein wollte, entwickelte man öffentliche Tanzturniere, wo diese Herren (und Damen natürlich auch) ihr Können unter Beweis stellen konnten. Die Zeit blieb nicht stehen und die Welt des Tanzens veränderte sich im gleichen Maße wie die Gesellschaft. Die nachfolgenden Generationen hörten andere Musik und waren offen für neue Bewegungsformen. Die sportlichen Tanzturniere erfreuten sich immer größerer Beliebtheit. Im Laufe der Zeit kamen zu den bisherigen Tänzen aber jetzt auch Tänze aus Nord-, Mittel- und Südamerika nach Europa. Wie überall im Sport mußten Normen her, um Klarheit zu schaffen, wie heißt welcher Tanz, und wie wird er getanzt. Da es schwierig war, sowohl die neuen Tänze als auch die alten Tänze perfekt zu beherrschen, teilte man die Tänze in zwei Sparten ein. Standardtänze und die neuen Lateinamerikanischen Tänze. Die armen Herren (und natürlich auch die Damen) konnte sich so für eine Sektion entscheiden und diese dann perfektionieren. Nun nahm das Chaos seinen Lauf. Stellen wir doch erst einmal fest, woher stammen den die einzelnen Tänze:
- Langsamer Walzer – England – also Standardtanz
- Wiener Walzer – Europa – also Standardtanz
- Slowfox – Nordamerika/England – also Standardtanz
- Quickstep (schneller Foxtrott) – Nordamerika/England – also Standardtanz
- Tango – Argentinien/Südamerika – also Lateinamerikanischer Tanz
- Paso Doble – Spanien – also Standardtanz
- Samba – Brasilien/Südamerika – also Lateinamerikanischer Tanz
- ChaCha – Mittel- und Südamerika – also Lateinamerikanischer Tanz
- Rumba – Mittelamerika – also Lateinamerikanischer Tanz
- Jive – Nordamerika – also Standardtanz
Damit hatte man sechs Standardtänze und vier Lateinamerikanische Tänze. Das geht ja überhaupt nicht! Die Sektionen müssen gleich stark sein! Was macht man in solch einer Situation als Funktionär eines Verbandes? Richtig, man verschiebt etwas da hin, wohin es gar nicht gehört: Da ist erst einmal der Tango. Der Tango kommt ja aus Südamerika. Der Tango war ab er schon sehr früh auch in Europa bekannt und wurde demnach auch schon standardisiert und die Schrittfolgen beschrieben. Shocking, wie kann man mit einer Dame nur so eng tanzen :-)) Damit war und blieb der Tango ein Standardtanz! Nun denn! Jetzt fehlten aber plötzlich zwei Lateinamerikanische Tänze. Nach langen Überlegungen stellt man fest, dass der Jive ja nun in keiner Weise den Standardtänzen ähnelte. Er wurde schnell und vor allen Dingen nicht in Standardtanzhaltung getanzt. Also ab in die Lateinsektion. Das gleiche Schicksal mußte dann auch noch der Paso Doble erleiden. Auch weg mit diesem ungeliebten Tanz. Ebenfalls rein in die Lateinsektion. Und so haben wir heute unsere fünf Standardtänze und unsere fünf Lateintänze. Obwohl, richtig sind diese Oberbegriffe ja nun nicht mehr. Aber was soll’s. Wir Tänzer können damit leben. Es gibt aber noch grundlegende Unterschiede zwischen den beiden Sektionen: Im Standard trägt die Dame ein langes Kleid; der Herr Anzug oder Frack. Bei Latein trägt er Hose und Hemd während sie ein zumeist kurzes Kleid, einen Zweiteiler oder eine Hose mit Oberteil trägt. Außer bei Tango ist die Musik im Standard melodiebetont; bei Latein dagegen rhythmusbetont. Ebenso groß sind die Unterschiede in der Bewegung: Im Standard beginnt und endet ein Schritt in geschlossener Fußposition. Bei Latein ist naturgemäß wiederum anders. Hier geht ein Schritt von offener zu offener Fußposition. Last but nor Least zeichnen sich die die Standardtänze durch eine ausschließlich geschlossene Tanzhaltung aus, während Latein verschiedene Tanzhaltungen und offene Positionen bietet.